In der vergangenen Woche berichteten diverse Medien über die Mediensucht von Kindern und Jugendlichen. Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung warnt vor Computerspiel- und Internetabhängigkeit. Tatsächlich stellt exzessiver Medienkonsum ein aktuelles Phänomen bei Heranwachsenden dar. Allerdings warnt die Servicestelle Kinder- Jugendschutz vor einer landläufigen Dramatisierung des Problems und einseitigen Lösungsansätzen.
Anlass für zahlreiche Meldungen über die Mediensucht von Kindern und Jugendlichen waren die Ergebnisse einer Fragebogen-Umfrage in nordrhein-westfälischen Kinderarztpraxen. Dabei wurde unter anderem die stark medienzentrierte Freizeit von Heranwachsenden als Suchtpotential festgestellt.
Die Expertinnen der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt kennen diese Entwicklung aus der eigenen Arbeit, sehen aber eine unbeholfene Dramatisierung der Problematik. Häufiger Medienkonsum bei Jugendlichen sei in der Regel weder unüblich noch per se schädlich. „Medien sind ein normaler Bestandteil der täglichen Lebenswelt junger Menschen. Sie bieten kreative Potenziale, sich mit sich selbst und der sozialen Umwelt auseinanderzusetzen. Für Jugendliche ist dies eine wichtige Aufgabe im Prozess der Erwachsenwerdens“, erklärt Juliane Epp von der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz.
Bei jüngeren Kindern können die Eltern über den Medienkonsum entscheiden und mit nichtmedialen Alternativangeboten dafür sorgen, dass ihre Schützlinge nicht zu viel Zeit am Fernseher, Computer oder Tablet verbringen. „Einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien muss man erlernen. Eltern sollten deshalb gemeinsam mit ihren Kindern Medien nutzen und sie dabei begleiten“, rät Medienkennerin Juliane Epp. Sinnvoll ist auch, mit den Kindern Vereinbarungen zum Medienkonsum zu treffen. Dabei können individuell Dauer und Umfang des Medienkonsums besprochen werden. Außerdem ist eine kritische Reflexion des Verhaltens wichtig. „Dass Kinder und Jugendliche lange am Computer sind, heißt nicht zwangsläufig, dass sie dort nur Spiele spielen und sich in sozialen Netzwerken tummeln. Viele nutzen das Internet auch für Hausaufgaben, denn häufig sollen Themen heute online recherchiert werden“, erklärt Medienpädagogin Epp weiter.
Eine exzessive Mediennutzung ist dann kritisch, wenn soziale Kontakte, Aufgaben und Schule stark vernachlässigt werden. Beides steht jedoch häufig in einer wechselseitigen Beziehung. Wenn es Probleme mit Freunden, Familie oder Schule gibt, dienen beispielsweise Spielewelten als willkommener Fluchtort.
Dass sich viele Eltern mit dieser „neuen“ Herausforderung überfordert fühlen, versteht Epp sehr gut. Eine umfassende Information und Beratung von Eltern zur Mediennutzung junger Menschen ist unbedingt notwendig. Deshalb bietet das Projekt Medienkenner regelmäßig Elternabende an, berät Familien in Einzelgesprächen oder bildet Fachkräfte weiter. Darüber hinaus organisiert das Team Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche, in denen diese eine sichere und reflektierte Mediennutzung erlernen. Hilfesuchende können sich mit Fragen zu exzessiver Mediennutzung und anderen Medien-Themen jederzeit an die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz wenden. Einen Selbsttest, der hilft, den eigenen Computer- und Internetkonsum einschätzen zu können, gibt es hier.