Radikalisierung junger Menschen ist nicht allein eine Frage der Sicherheitspolitik

Vor dem Hintergrund drohender Terrorgefahr in Deutschland und der zunehmenden Zahl minderjähriger Verdächtiger fordert der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, eine neue Rechtsgrundlage für die Beobachtung von Heranwachsenden unter 16 Jahren. Die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz sieht die Fokussierung auf die sicherheitspolitischen Aspekte kritisch.

„Radikalisierungsprozesse müssen frühzeitig erkannt werden, darin stimmen wir mit dem Verfassungsschutz überein. Allerdings ist das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Effektive und nachhaltige Präventionsarbeit ist ebenso wichtig. Dafür brauchen wir langfristige und starke Netzwerke von Jugendhilfe, Schule, Eltern und Behörden“, betont Olaf Schütte, Geschäftsführer der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz von fjp>media.

Pubertät und Erwachsenwerden sind von Umbrüchen und Unsicherheit geprägt. Junge Menschen müssen ihre Rolle in der Gesellschaft erst finden. Wenn sie sich ernst genommen fühlen, vielfältige soziale Kontakte und ein stabiles Umfeld in Familie und Freundeskreis haben, sind sie weniger anfällig für Radikalisierungsprozesse.

Die Servicestelle kritisiert in diesem Zusammenhang die seit Jahren defizitäre Förderung von Jugendarbeit und die mangelnde Wahrnehmung der Interessen Heranwachsender in der Politik. Olaf Schütte sieht die Lösung daher nicht nur in der Sicherheitspolitik: „Wo Jugendklubs und Jugendverbände ums Überleben kämpfen, Jugendliche von Wahlen weitestgehend ausgeschlossen und bei politischen Entscheidungen nicht einbezogen werden, bieten radikale Gruppen attraktive Alternativen in Gemeinschaft und Orientierung. Hier muss mit verlässlicher Jugendarbeit, politischer Bildung, flächendeckender Beratung und qualifizierten Fachkräften gegengesteuert werden.“

Mit dem Fachtag „Erkennen – Verstehen – Handeln“ zu rechtsextremer und islamistischer Radikalisierung am 17. Mai in Magdeburg will die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration, dem Verein Miteinander, dem Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt, dem Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt und dem Multikulturellen Zentrum Dessau sowie weiteren Partnern das Thema in den Fachdiskurs bringen.