Smarte Vorlesegeräte, sprachgesteuerte Puppen, Smartwatches für Kinder, digitales Töpfchentraining, Kuscheltiere mit integrierter Kamera und Sprachassistenten: Das Kinderzimmer der Zukunft wird immer smarter und digitaler. Es bietet einerseits Spiel, Spaß und Unterhaltung, Lern- und Bildungspotenziale, Alltagsentlastung für die Eltern und in einigen Situationen auch Sicherheit und Schutz. Andererseits sollten aber Risiken wie Datenschutz, Gerätesicherheit, nutzergenerierte Werbung sowie der Kinder- und Jugendmedienschutz auch in vernetzten und digitalen Spieleangeboten nicht aus dem Blick geraten. Auch die Privatsphäre der Kinder muss bei einigen vernetzten Spielzeugen diskutiert werden, vor allem vor dem Hintergrund von GPS-Tracking, Geofencing, Audio- und Videoüberwachung.
Was sind digitale und smarte Spielzeuge?
Vernetzte Spielzeuge (auch unter dem Begriff „Internet of toys“ oder „Smart toys“ subsumiert) sind direkt mit dem Internet verbunden. Dabei haben die Spielzeuge oft einen kleinen Computer integriert oder werden über eine App gesteuert. Es gibt aber auch digitale Spielzeuge, die mittels einer Bluetooth-Verbindung in Kombination mit einem mobilen Endgerät funktionieren.
Gibt es spezielle Prüfsiegel oder Gütesiegel, an denen sich Erziehende orientieren können?
Leider gibt es derzeit noch keine verbindlichen Prüfkriterien oder Gütesiegel für diese Kategorien von Produkten. Oft geben die Spielzeughersteller*innen den Käufer*innen eine Altersempfehlung mit. Diese ist aber weder zwingend verbindlich noch entspricht sie einer pädagogischen Empfehlung und nicht jedes Spielzeug verfügt über ein solches Kennzeichen. Allerdings gibt es Altersempfehlungen zu den dazu gehörigen Apps, ersichtlich in den jeweiligen App-Stores. Der Google Play Store kennzeichnet seine Apps z.B. nach den Kriterien der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Die USK vergibt verbindliche Alterskennzeichen für Computerspiele. Der iOS App-Store verwendet eigene Prüfkriterien. Diese geben zu den Alterskennzeichnungen noch den Hinweis, ob dargestellte Gewalt, Szenen mit erotischen Anspielungen oder ob In-App-Käufe enthalten sind.
Welches Geräte ist gut für das (Enkel)Kind?
Aus Kindersicht – und auch für viele Eltern – wirken die verschiedenen Spielsachen und digitalen Geräte für das Kinderzimmer zunächst verlockend. Angepriesen werden Produkte oft als „Freund*in“ und „Begleiter*in“. Insbesondere mit vermeintlichen Alltagshelfern, wie z.B. der Windel-App „Windelalarm mit Signalton oder Blinken bei vollen Windeln“, versprechen Hersteller*innen, dass Babys vor dem Wundsein verschont bleiben. Und natürlich möchten frischgebackene Eltern nur das Beste für ihr Kind. Bei den GPS-Trackern spielen die Hersteller*innen mit der Angst der Eltern, suggerieren ihnen Kontrolle und Sicherheit. Aber in Wirklichkeit kann ein Tracking die Kinder nicht vor Gefahren schützen. Eltern müssen erkennen können, dass der süße Teddy nicht nur ein Kuscheltier, sondern eigentlich ein Computer und womöglich von außen manipulierbar ist. Kindern sollte erklärt werden, dass z.B. „Alexa“ nicht die neue Freundin ist, sondern ein reines Computerprogramm.
Eine weitere Herausforderung stellt der Schutz der Privatsphäre von Kindern dar. Hier müssen Eltern abwägen, ob die Potenziale der Geräte z.B. die Speicherung nutzerbezogener Daten oder Platzierung von Werbeinhalten rechtfertigen.
Produktgruppen unter der Lupe
Alltagshelfer Es gibt Geräte, die Erziehenden den Alltag mit Kindern erleichtern sollen. Dabei werden Eltern oft „zeitraubende“ Alltagsroutinen abgenommen. Beispielhaft zu nennen sind smarte Zahnbürsten oder eine Vorlese-Eule. Diese Geräte wirken auf den ersten Blick sehr verlockend und kostengünstig. Erst bei der Nutzung wird deutlich, dass über In-App Käufe in den dazugehörigen Apps versteckte Kosten warten.
» |
TIPP: Prüfen Sie vor dem Kauf, ob die Geräte Zusatzkäufe anbieten. Nutzen Sie für ihre Recherche das Internet oder lesen Sie Produktbewertungen in den Online-Shops. Deaktivieren Sie In-App-Käufe auf den Geräten:
|
Sprachassistenten
Laut der KIM-Studie 2018 besitzen 6 Prozent der Familienhaushalte (mit Kindern von 6 bis 13 Jahren) einen digitalen Sprachassistenten. In Haushalten mit Jugendlichen (12 bis 19 Jahre) steigt die Zahl laut JIM-Studie 2018 auf 14 Prozent. Sprachassistenten bieten für Kinder und Jugendliche einen Zugang zu Musik, Hörbüchern und Suchmaschinen. Allerdings sind die Sprachassistenten nicht mit einem Jugendschutzsystem versehen. Die Inhalte werden somit nicht gefiltert. Das heißt, Kinder können Informationen abrufen, die jugendgefährdend sein können. Eltern sollten gerade bei jüngeren Kindern bei der Nutzung eines Sprachassistenten immer in der Nähe bleiben. Zudem müssen Eltern wissen, dass z.B. „Alexa“ alle Sprachaktionen in der App aufzeichnet und speichert. Steuern Eltern mit den Sprachassistenten andere Geräte im Haus (wie Herd oder Tür), werden fehlerhafte Sprachbefehle der Kinder zum möglichen Sicherheitsrisiko. Werden via Sprachbefehl auch Einkäufe getätigt (wie z.B. „Alexa, bestelle mir eine Pizza“), wird ein Sprachassistent schnell zu einer Kostenfalle.
» |
TIPP: Deaktivieren Sie Spracheinkäufe oder sichern Sie diese via Pin ab. Ändern Sie das Aktivierungswort des Sprachassistenten bei kleineren Kindern um. Es wird empfohlen, die Geräte „Computer“ zu nennen. Kinder können so leichter verstehen, dass „Alexa“ kein Mensch, sondern ein Computer ist. Informieren Sie Ihre Kinder über die Speicherung aller Sprachbefehle. So schaffen Sie Vertrauen und wahren die Privatsphäre des Kindes, in dem die Kinder wissen, dass die Daten von den Eltern abgehört werden können. |
Kreative Hörspielboxen
Über sogenannte Kreativ-Figuren können Kinder eigene Geschichten digital aufnehmen. Dazu werden eigene Sprachaufnahmen gespeichert und können mit der Hörspielbox abgespielt werden. Sofern nicht nur von den eigenen Kindern Tonaufnahmen gespeichert werden, muss dafür eine Einverständniserklärung der anderen Sorgeberechtigten eingeholt werden. Die aufgenommenen Inhalte werden in einer Cloud gespeichert, daher sind die Aspekte des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts zu beachten.
» |
TIPP: Bevor Bild- oder Tonaufnahmen von anderen Kindern gemacht werden, holen Sie sich die Erlaubnis der Sorgeberechtigten. |
Trackinggeräte
Eltern möchten immer die größte Sicherheit für ihre Kinder. Aus diesem Grund gibt es Eltern, die ihre Kinder über Geräte orten lassen. Der Zugang zu solchen Ortungsfunktionen ist sehr leicht. Entweder über Kinderuhren, Trackingsensoren oder Apps wie bspw. WhatsApp Livestandort auf den Smartphones. Letztlich müssen Eltern diese Entscheidung mit den Kindern gemeinsam treffen. Vor allem aber sollten Eltern ihre Kinder präventiv stärken und aufklären. Eltern können der Versuchung widerstehen, indem sie ihrem Kind Vertrauen schenken und es stärken, sich in Notsituationen richtig zu verhalten. Denn allein eine Ortungsfunktion beschützt die Kinder nicht vor Gefahren. Zu wissen, wo sich ein Tracking-Armband befindet, heißt nicht zwingend auch zu wissen, wo sich das Kind befindet. Daher suggerieren solche Geräte eine Sicherheit, die sie letztlich nicht leisten können und liefern Eltern mitunter ein trügerisches Bild.
Wie man aber allgemein zum Thema Kinderüberwachung eingestellt ist, liegt ganz und gar allein in der Familienverantwortung. Missachten Sie dabei nicht das Recht auf Privatsphäre (UN-Kinderrechtskonvention). Bedenklich ist das unerlaubte Abhören und somit der Eingriff in die Privatsphäre der Kinder. Erziehenden muss außerdem bewusst sein, dass die neuen Technologien keine Fürsorgepflicht ersetzen. Auch diese Geräte können nicht alle Gefahren und Unfälle verhindern. Im Gegenteil: In der Regel sind sie aufgrund ihrer Manipulierbarkeit im Gefahrenfall eher unwirksam. Einen Test der Firma AV-TEST verschiedener Trackinggeräte können Sie hier sehen.
» |
TIPP: Entscheiden Sie gemeinsam mit ihren Kindern, ob eine Überwachung beiderseits in Ordnung ist. Vereinbaren Sie gemeinsam überwachungsfreie Zeiten. |
Kindersmartphone & Kindertablets
Kinder äußern immer früher den Wunsch, ein eigenes Smartphone oder Tablet haben zu wollen. Hersteller*innen haben darauf reagiert und bieten spezielle Kindergeräte an. Ein Hersteller eines Kindersmartphones wirbt sogar mit einem „coolen und sicheren Messenger für Kinder“ (vgl. Vtech KidiCom Max). Allerdings weisen diese oft Sicherheitslücken (veraltete Software) auf und mangelnde Datenschutzvorkehrungen. (Test eines Gerätes durch AV-Test: https://www.iot-tests.org/de/2020/03/vtech-kidicom-max-man-lernt-nie-aus/). Positiv hervor-zuheben ist, dass Eltern nur mit PIN Inhalte auf die Geräte laden können und gefährdende Inhalte durch Jugendschutzfilter gesperrt sind.
» |
TIPP: Bevor Sie Kindern eigene Geräte kaufen, informieren Sie sich ausführlich über Folgekosten. Meist sind die Geräte nur mit bestimmten Abos nutzbar. Begleiten Sie ihre Kinder am Anfang bei der Nutzung und nehmen Sie sich Zeit, die Geräte gemeinsam genau zu erkunden. Überprüfen Sie alle Einstellungen an den Geräten. |
Checkliste: Worauf muss ich beim Kauf achten?
Speziell für digitale Spielzeuge sollte gelten:
√ |
Die Spielzeuge bzw. Apps verlangen keine persönlichen Daten. |
√ |
Die Spielzeuge sind werbefrei. |
√ |
Die Spielzeuge sind kindgerecht, frei von gewaltverherrlichenden Inhalten und stereotypen Geschlechterrollen. |
√ |
Außenstehende können nicht auf die Spielzeuge oder deren Sprachsteuerung zugreifen. |
√ |
Die Geräte und USB-Schnittstellen sind passwortgeschützt. |
√ |
Wenn Passwörter nötig sind, sollten sie geändert werden können. |
√ |
Daten der Kinder (Audio-, Foto- oder Videodateien) werden nicht in einer Cloud oder auf Servern von Drittanbietern abgelegt. |
Im interaktiven Erfahrungsraum, ausgestattet mit digitalen Spielzeugen und smarten Gadgets, können Besucher*innen alle Gegenstände selbst testen. Hier ein kleiner Vorgeschmack: