» Offener Brief der Mitarbeitenden zur geplanten Abwicklung der Servicestelle für Kinder- und Jugendschutz
Sehr geehrte Abgeordnete,
das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sieht vor, die institutionelle Förderung der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz in Trägerschaft von fjp>media zum 31.12.2024 zu beenden.
Uns Mitarbeitende der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz trifft diese Information vollkommen unerwartet. Die geplante Ausschreibung des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes in Form eines Dienstleistungsvertrages ist bundesweit einmalig.
Für uns, die qualitativ hochwertige Arbeit leisten, ist der Plan vollkommen unverständlich und ein Schlag ins Gesicht. Das Vorgehen des Sozialministeriums zeigt nicht nur die fehlende Würdigung unserer langjährigen fachlich-fundierten Arbeit. Es impliziert zudem, dass die wichtigen, vielfältigen Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche, Fachkräfte und Eltern vom Sozialministerium als irrelevant erachtet werden.
Wir arbeiten in Bildungsangeboten mit Kindern, Jugendlichen und Fachkräften in unserem gesamten Bundesland Sachsen-Anhalt, fahren in die Schulen und Jugendeinrichtungen ebenso wie in die Kinderwohngruppen vom Altmarkkreis bis nach Zeitz.
Wir stärken Heranwachsende darin, sich gegen sexualisierte Gewalt zu wehren, Nein zu sagen bei (Cyber)Mobbing, Resilienz in Krisensituationen zu entwickeln und souveräner den vielen Gefahren der Mediennutzung gegenüberzustehen.
Wir informieren und beraten Eltern, geben oft auch in sehr persönlichen Momenten fachlichen Rat und Zuversicht.
Wir machen Sozialarbeiter*innen, Lehrkräfte und Polizist*innen in zahlreichen Fortbildungen zu aktuellen Themen fit.
Wir stehen den Jugendschutzverantwortlichen der Jugendämter bei schwierigen Fragen immer fachlich zur Seite und erarbeiteten mit ihnen gemeinsam über viele Jahre hinweg ein Netzwerk, das die relevanten Akteure*innen zusammenbringt.
Wir arbeiten nach professionellen Standards und dokumentieren unsere Arbeit sorgfältig und umfangreich. Wir binden die Landesverwaltung in unsere inhaltliche Planung detailliert ein und erstellen jedes Jahr einen ausführlichen Nachweis im Sachbericht.
Wir erstellen regelmäßig Handreichungen zu aktuellen Jugendschutzthemen und Krisen für Familien und die Fachöffentlichkeit, zuletzt eine bundesweit nachgefragte zum Ukrainekrieg.
Gerade jetzt – das belegen zahlreiche Studien – gibt es bei Kindern und Jugendlichen verheerende Auswirkungen von Pandemie, Kriegen und der gesellschaftlichen Situation. Durch diese Belastungen steigt der Bedarf an Unterstützung immens, zum Beispiel bei Themen wie Jugendgewalt, Cybermobbing, Selbstverletzung, Kindeswohlgefährdung, psychischer Resilienz, sexualisierter Gewalt und problematischer Mediennutzung.
Und gerade jetzt will das Sozialministerium unsere Arbeit zu solchen Themen beenden.
Damit werden das durch uns über viele Jahre hinweg erarbeitete Netzwerkt sowie die durch die Arbeit mit unterschiedlichsten Zielgruppen gewonnenen Erfahrungen zunichte gemacht. Das erneute Aufbauen eines solchen Netzwerkes sowie die Aneignung dieser einmaligen Expertise wird Jahre dauern, in denen es keinen gleichwertig qualitativ hochwertigen erzieherischen Kinder- und Jugendschutz in Sachsen-Anhalt geben wird.
Die Entscheidung des Sozialministeriums trifft damit nicht nur uns als Mitarbeitende der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz schwer, sondern auch alle Fachkräfte, Eltern und insbesondere die Kinder und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt. Konkret bedeutet dies, dass in Sachsen-Anhalt ab spätestens Anfang 2025 kein thematisch derart breit aufgestellter, vernetzter und erfahrener Ansprechpartner zur Verfügung stehen wird, um die Pflichtaufgaben des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes wahrzunehmen.
Um eine solche katastrophale Abwicklung des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes zu vermeiden, fordern wir die Fortsetzung der Förderung der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz. In Anbetracht unserer guten Arbeit und des immensen Bedarfs ist es unserer Meinung nach fahrlässig, den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz dermaßen grundlos, willkürlich und folgenreich zu beeinträchtigen.
Wir arbeiten gern bei fjp>media. Wir haben durch die vielfältigen anderen Arbeitsfelder wie Jugendarbeit, Medienbildung oder Beratung gegen Hass im Netz einen multiprofessionellen Austausch, um den uns Kolleg*innen in anderen Bundesländern beneiden.
Nur wenn die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz unter der Trägerschaft von fjp>media weiterhin adäquat gefördert wird, kann der bereits etablierte erzieherische Kinder- und Jugendschutz in dieser Qualität fortgeführt werden.
Gern berichten wir Ihnen persönlich, was wir tun und warum es so wichtig ist. Sie erreichen uns unter jugendschutz@fjp-media.de oder der Mobilnummer 0176 85901569.
Wir bitten Sie dringend, unsere Arbeit für Kinder und Jugendliche in Sachsen-Anhalt zu unterstützen. Lassen Sie uns und die jungen Menschen nicht im Stich.
Vielen Dank, mit freundlichen Grüßen
Dr. Katja Bach
Yvonne Becher
Katharina Kirst
Anna-Lisa Nikoleizig
Sarah Planker
Ute Schmieder
Claudia Wegener
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